Latenzbereiche

Januar 2012 

 

Was für ein Wort! Was soll damit gemeint sein?

 

Unter Latenzbereichen verstehen wir die Zonen unseres Organismus – womit immer die Einheit aus Seele, Geist und Körper gemeint ist, und nicht allein eine Körperzone - in denen eine Krankheitsbelastung von der Lebenskraft "geparkt" wird, wenn sie nicht dazu kommt, alles, was stört, zu entsorgen. Ähnlich dem Stapel für "nicht ganz so dringend" auf unserem Schreibtisch oder dem Abstellraum in unserem Haushalt, für Dinge, die wir noch sortieren müssen, wozu wir dann doch nicht kommen usw. Jeder kennt das. (Siehe auch "Lebenskraft").

 

Dabei muss immer wieder betont werden, dass es hier nicht allein um eine materielle Belastung geht, sondern vor allem um eine energetische Verschiebung, die den Ablauf sämtlicher Organfunktionen erschwert, ähnlich wie bei einem Schienenfahrzeug, das nicht genau in seiner Spur liegt. Es fährt zwar, verliert aber durch Reibung einen Großteil der Energie, die für etwas anderes bestimmt ist und produziert oft genug nebenher auch noch ein nervtötendes Gequietsche.

 

Diese Latenzbereiche sehen wir selten im Zusammenhang mit unserem Gesundheitszustand. Sie sind uns schon lange vertraut, manchmal schon von unseren Eltern und Großeltern. ("Meine Mutter konnte auch nie gut schlafen; mein Vater hatte auch immer dieses Klingeln im Ohr...") Sie gehören zu uns, und wir leben schon immer mit diesem "Gequietsche".

 

Es ist auch nicht unbedingt angezeigt, diesen Zustand zu behandeln. Die Lebenskraft organisiert sich nach Kräften selbst, und oft genug gelingt es ihr, trotz erschwerter Arbeitsbedingungen die lebenswichtigen Funktionen zuverlässig abzuwickeln.

 

Dabei nimmt die Leber vieles auf sich. Unermüdlich arbeitet sie für die lebendigen Abläufe in uns, unter ständig wechselnden Bedingungen. Auch ihre Last produziert dabei Reibungsverluste und Beschwerden, die auf ihren zusätzlichen Energieverbrauch hinweisen, z. B. Verdauungsbeschwerden, Neigung zu Kopfschmerzen oder Niedergeschlagenheit, die den Alltag erschwert usw. Unauffällige Beschwerden, die uns ein allmähliches Überfüllen der Latenzbereiche anzeigen.

 

Nach und nach können sich Verdauungsbeschwerden oder Kopfschmerzen oder Gemütsprobleme zu ausgewachsenen Krankheitssymptomen entwickeln, z. B. ein ständiger Durchfall, der doch keine Entlastung bringt, oder wiederkehrende Kopfschmerzen mit Migräne ähnlicher Aura und Übelkeit, oder depressive Verstimmungen mit Einschränkung der Leistungsfähigkeit usw. (Siehe dazu "Beobachtung") In diesem Fall ist die Speicherkapazität der "Latenzbereiche" bereits überlastet.

 

 

Ich kann nicht oft genug betonen, dass all diese Interpretationen unserer alltäglichen Probleme auf meine persönlichen Beobachtungen zurückgehen, also keine Allgemeingültigkeit haben. Ich erwähne sie hier, weil sich die Beobachtungen so häufig wiederholen, dass ich einen grundsätzlichen Zusammenhang vermuten muss.

 

 

Sobald also diese Latenzbereiche überfüllt sind, so als ob der Stapel auf dem Schreibtisch überquillt und hinunterrutscht oder die Tür der Abstellkammer sich nicht mehr schließen lässt, laufen wir Gefahr, dass sich ein chronisches Leiden entwickelt. Der Ablauf der lebenswichtigen Organfunktionen wird jetzt spürbar erschwert, und es droht ein nachweisbarer Krankheitsbefund, weil die Lebenskraft ihre Arbeit einfach nicht mehr schafft.

 

Wenn wir an dieser Stelle mit der Behandlung beginnen, wird es sehr viel zu erledigen geben. Bei der Leerung der Abstellkammer stoßen wir auf viele alte Probleme, die unter diesen "Latenzbereichen" vergraben lagen. Wir werden uns mit Symptomen befassen müssen, die vielleicht in vorherigen Generationen akut waren und bisher möglichst klein gehalten wurden.

 

In der Praxis werden die Patienten zunächst verwirrt oder gar genervt sein ("Das hab ich ja noch nie gehabt..."), und wir müsse viel Erklärungsarbeit leisten. Der Hinweis darauf, dass die chronischen Beschwerden, die meistens der Anlass für die Behandlung sind, in dem Maße nachlassen, in dem sich alte Probleme zeigen, hilft in der Regel für das Verständnis sehr viel weiter.

 

Es ist für fast alle Betroffenen eine neue Erfahrung, die Sprache des eigenen Körpers wieder zu erlernen, deren natürliche, angeborene Kenntnis oft genug verschüttet liegt.

 

Dennoch ist es ein langer und oft mühsamer Prozess, alles aufzuräumen, was sich angestaut hat. Die Tür der Abstellkammer wird sich so schnell nicht wieder schließen lassen, wenn erst einmal alles ins Rutschen gekommen ist, und der Inhalt unserer "Latenzbereiche" schiebt sich an die Oberfläche und beschert uns ein akutes Problem nach dem anderen.

 

Beide Seiten, Behandler und Behandelter, brauchen dann viel Geduld, und der wiederholte Hinweis auf die nachlassenden chronischen Probleme ist der Leitfaden für unser Vorgehen.

 

Dabei kommt erschwerend hinzu, dass Patienten das Leid der ersten Behandlungsphase meistens schnell vergessen. Panikattacken, Schlafstörungen mit qualvoller Unruhe, ständige Bauchkrämpfe usw., all das verschwindet – zum Glück! - aus unserer Wahrnehmung, sobald es behoben ist, und wir werden während unserer Begleitung nicht darum herum kommen, unermüdlich auf diese Zusammenhänge hinzuweisen.

 

Das Anheben der gesundheitlichen Problematik von der chronischen auf die akute Ebene ist ein konstruktiver Prozess, der erhebliche Energie fordert. Er ist als bemerkenswerte Leistung der Lebenskraft zu verstehen, die sie oft erst durch die Unterstützung mit unseren Arzneien in Gang zu setzen vermag.

 

Es kann hier nicht verschwiegen werden, dass diese Behandlungsmethode für die Patienten sehr anspruchsvoll sein kann. Dennoch gehe ich konsequent so vor, mit der Erfahrung, dass sich auf lange Sicht neue schwere chronische Krankheiten oder Leidenszustände, besonders im psychischen Bereich, auf diese Weise vermeiden lassen. Die weitere Entwicklung des Patienten/der Patienten muss positiv verlaufen, das heißt, wir müssen einen deutlichen Zuwachs an Lebensqualität erkennen können.

 

 

Copyright by Christiane Petras